Montag, 8. Oktober 2012

Quote im Praxistest....


Nach langer Pause ist der Herbst da und mit ihm die Stürme.
Der Zankapfel um eine gesetzliche Frauenquote ist wieder ganz frisch. In Brüssel sagt die EU-Kommissarin Viviane Reding Ja und 97 Länder Nein zu justiziablen 40 Prozent. Diese Entscheidung sei von nationalem Belang - so das Argument. Ganz anders verhält es sich natürlich bei der Frage um Gurkenkrümmung und Glühlampe. Natürlich! Dann also national. Im leicht erhöhten Wahlkampffieber stimmt der Bundesrat, auf Initiative der SPD, fraktionsübergreifend für eine gesetzlich festgeschriebene Frauenquote; der Bundestag hält dagegen. Die Verquickung von Arbeits- und Familien-/Frauenpolitik könnte neben EU-Krisenpolitik durchaus eine interessante Möglichkeit zur Positionierung der Parteien bieten.
Was aber passiert, wenn Frauen ausdrücklich die Hälfte der zu vergebenden Posten in vorderster Reihe bekommen müssen – aufgrund einer verbindlichen Quote, wie zum Beispiel bei Bündnis 90/Die Grünen. Leider nicht viel! 11 BasiskandidatEN bringen sich in Position gegen den kampferfahrenen Jürgen Trittin, der ums Austeilen sicher nicht verlegen ist. Elf politisch z.T. in Landesverbänden erfahrene und teils auf dem Parkett noch unerfahrene Männer im Alter zwischen 22 und 75. Der berufliche Hintergrund könnte unterschiedlicher nicht sein: jeweils ein Krankenpfleger, Tiermediziner, Anwalt, Physiker, Restaurator, Ingenieur und Brauereimitbesitzer, Weltreisender und Student der Politik- und Sozialwissenschaft, Betriebswirt, Student der Philosophie und Wirtschaftswissenschaften, Hotelfachmann, Werbetechniker stellen sich zur Wahl. Hier ausschließlich Machtkalkül zum Zweck einer steilen Politikerkarriere zu unterstellen, dürfte schwerfallen. 0 in Worten Null BasiskandidatINNen sind auf der Liste zu finden. Keine einzige versucht sich gegen die Frontfrauen, Claudia Roth, Renate Künast oder Katrin Göring-Eckardt bei der Urwahl ins Rennen zu bringen. Warum? Begeben sich Frauen gar nicht erst ins Risiko, sich zu exponieren und damit angreifbar zu machen, wenn sie sich angesichts der (bereits bekannten) Konkurrenz kaum Chancen ausrechnen? Ist es das Ich-glaube-nicht-dass-ich-das-kann- Syndrom?
Kalkulieren aber die KandidatEN von der Basis mit einem ernsthaften Sieg? Und Werner Winkler sah sich immerhin schon dem Spott der heute-Show ausgesetzt.
Die Macht der Präsenz, die Notwendigkeit des Trommelns, um Inhalte überhaupt öffentlich zu vermitteln, ist leider nicht zu unterschätzen; eben sowenig die Chuzpe, Unperfektes und Learning-by-doing zuzulassen. Manche Führungsfrau lernt genau das von Männern – mit Glück von wohlwollenden Mentoren; mit Pech durch den harten Alltag. Inhalte jedoch, ohne dass eine erkennbare Persönlichkeit dahintersteht, haben wenig Überlebenschancen oder werden von anderen usurpiert - ein bekanntes Phänomen in Meetings. Die größere Scheu vor dem Risiko birgt, positiv betrachtet, die Fähigkeit von Frauen, zum Beispiel vorsichtiger zu expandieren und auf diese Weise nachhaltiger zu wirtschaften. Negativ gedeutet, würde so stets eine Quote erforderlich sein, die Frauen-die-sich-nicht-trauen in Führungsaufgaben schubst.
Allerdings bedarf es einer soliden Portion Mut, sich einer häufig angriffslustigen Öffentlichkeit zu stellen und viel Zähigkeit, die eigenen Inhalte so oft – möglichst in Übereinstimmung mit der eigenen Persönlichkeit – zu wiederholen, bis sie gehört werden. Der gerade frisch gebackene Kanzlerkandidat der SPD, Peer Steinbrück macht es vor. Je mehr Frauen aber am Ruder sind, umso größer die Wahrscheinlichkeit, dass sich diese Mechanismen ändern werden; dass Frauen auch dann Gehör finden, wenn sie nicht im ausschließlich männlichen Habitus kommunizieren. Wenigstens sollte frau es wagen, wo bereits eine 50:50 Quote den Weg ebnet.
Die gute Nachricht zum Schluss: Hildegard von Bingen (1098 -1179) wird nun vom Papst Benedikt XVI in ihrer Eigenschaft als Kirchenlehrerin anerkannt, nachdem er sie am 10. Mai heilig gesprochen hat. Die Schriften und Erkenntnisse, der Ratgeberin von Fürsten und Päpsten, werden nun noch verstärkte Berücksichtigung in der katholischen Theologie finden. Ein selten vergebener Titel, der  unter 35 doctores ecclesiae nun einer vierten Frau zuteil wurde – 833 Jahre nach ihrem Tod. Die Quote hat sich also sprunghaft von 8 auf 10 Prozent erhöht. Es geht voran!



Unions-Frauen rebellieren gegen deutsche Kanzlerin
Merkel soll Abstimmung im Bundestag über Einführung der Frauenquote ohne Fraktionszwang erlauben, damit Mehrheit für Quote zustande kommen kann - FDP will Machtwort gegen Quote hören
Berlin - 

Bundesrat stimmt über Frauenquote ab
Die gesetzlich festgelegte Frauenquote in Führungsetagen ist heute Thema im Bundesrat. Es wird damit gerechnet, dass der SPD-Vorstoß eine Mehrheit findet. Auch Ministerpräsidentin Kramp-Karrenbauer (CDU) gehört zu den Befürwortern.
Beim Thema "Frauenquote" will die saarländische Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) Nägel mit Köpfen machen. 

Warum immer mehr Frauen in der Politik Karriere machen
Matthias Korfmann und Birgitta Stauber-Klein
Essen.   Hannelore Kraft, Annegret Kramp-Karrenbauer und jetzt Malu Dreyer: Noch nie waren die Zeiten für Frauen, die in der Politik Karriere machen wollen, so günstig wie heute. Zu diesem Schluss kommen mehrere Politikwissenschaftler. Grund dafür sei unter anderem die Sehnsucht nach einem anderen Politikstil.


Name-dropping...

Hauke Stars:
Ab Dezember 2012 bei der deutschen Börse für Informationstechnologie zuständig, zuvor Hewlett-Packard Schweiz

Marissa Mayer:
Wechsel von Google zu Yahoo im Juli 2012. Aktuell schwanger.

Regine Stachelhaus:
Juristin, seit Juni 2010 IT-Vorstand bei Eon. Zuvor 24 Jahre bei Hewlett-Packard.

Bettina Anders:
Seit Oktober 2007 Vorstandsmitglied der Ergo Versicherungsgruppe.

Martina Koederitz:
Leitet seit Mai 2011 das Deutschlandgeschäft von IBM.

Edeltraud Leibrock:
Informationstechnologie bei KfW-Bankengruppe, zuvor 2 Jahre CIO bei der Bayern LB.

Stefanie Kemp:
Krankenpflege – Pharmaindustrie – Vorwerk Gruppe
Seit 2006 leitet sie bei der Vorwerk-Gruppe alle IT-Aktivitäten. War bei Hypovereinsbank und Thomas Cook tätig.

Barbara Saunier:
Informationstechnologie bei Beiersdorf. CIO und Leiterin der IT-Tochter Beiersdorf Shared Services.

Marianne Janik:
Juristin, eine von sechs Frauen in der Geschäftsleitung von Microsoft Deutschland. Seit 2006 verantwortlich für öffentliche Verwaltung, Bildung und Gesundheitswesen.

Luisa Deplazes Delago:
Neu im Personalvorstand von SAP, zuvor 20 Jahre bei Procter & Gamble.

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