Mittwoch, 6. Juni 2012

Das waren die 21. und 22. Kalenderwochen: Pfingstwunder und Newtonmeter




Vor gut einer Woche konnten wir uns dank des Pfingstfestes über ein verlängertes Wochenende freuen. Ein Wochenende, das mein Mann und ich unter anderem für eine Probefahrt in einem Cabrio genutzt haben, Wolken, Wind und Sonne direkt ausgesetzt.

Aber der Reihe nach: worum geht es bei Pfingsten? Traditionellerweise feiert „die Kirche“ ihren "Geburtstag"; ursprünglich aber geht es um das Empfangen des Heiligen Geistes, um Erleuchtung. 
El Greco, Schöpfer des Anfang des 17. Jahrhundert entstandenen Bildes, wählte für die Darstellung des Unfassbaren, eben des Geistigen, die Form kleiner Flammen, die wie Tropfen über den Häuptern der Jünger und Marias schweben. Auf die geschlechtliche Zuordnung, auf eine konkrete Personifizierung wurde verzichtet und die Abstraktion bevorzugt. 
Hätte wahrscheinlich auch etwas merkwürdig ausgesehen, wenn lauter kleine Kerlchen über den erleuchteten Häuptern zu sehen wären. 
Maria steht zudem im Zentrum des Bildes – nicht abseits; empfängt wie die Jüngerschar den Segen des Himmels. Fast könnte man meinen, dieses Gemälde beschreibe eine Zukunft, mit der sich die katholische Kirche ja immer noch recht schwer tut. (Im Säkularen bedürfen wir der "Quote".) Andere christliche Glaubensrichtungen, die in einigen Punkten schon weiter sind, dürften allerdings kaum die männliche Interpretation von Trinität in Frage stellen. Aber warum eigentlich „Der Geist“, "Der Vater", "Der Sohn"?  Lässt sich Autorität glaub-würdig nur männlich vorstellen und v.a. empfinden? Auch heute?

Bei genauer Lektüre des Neuen Testaments fällt jedoch auf, dass sehr viele Frauen eine spirituelle Entwicklung durchlaufen. Unter Berücksichtigung des kulturellen und historischen Hintergrunds, dem die Geschichten ihre Entstehung und spätere schriftliche  Fixierung verdanken, muten die Evangelien nahezu revolutionär an: so begegnete als erste Maria Magdalena dem Auferstandenen nach der Kreuzigung. Die männliche Gefolgschaft, die Jünger nämlich, wollten die Nachricht zunächst nicht glauben. Eine Samariterin erkannte dagegen schon zu einem früheren Zeitpunkt, über Stammesgrenzen hinweg, wer ihr da am Brunnen begegnete.
Alles Zufall? Wie wäre es – nur mal so zum Ausprobieren –, die männliche Form durch eine neutrale zu ersetzen: Das Göttliche, Das Allmächtige, Das Geistige, Das Schöpfende? Statt also einen „Vater" im "Himmel“ zu adressieren und dabei möglicherweise vage die Erscheinung eines älteren Herren mit langem weißen Bart vor Augen zu haben, ließe sich z.B. ein „Göttliches im Himmel“ einsetzen. Gewiss eine Herausforderung!
Vielleicht sogar eine Überforderung; denn die männlich personifizierte Vorstellung des Allerhöchsten, tief im kollektiven Bewusstsein verankert, dürfte auch bei nicht religiös oder gar kirchlich orientierten ZeitgenossInnen die Grundlage für das eigene Autoritätsverständnis bilden.

Dieses im Cabrio denkend, unter blauem Himmel, tauchte die Frage auf, warum es Mädchen und Frauen scheinbar so schwer fällt, sich in vermeintlich männliche Welten hinein zu denken. 
In vielen naturwissenschaftlichen und technischen Bereichen zum Beispiel wird die männliche Sichtweise als die einzig wahre vermittelt. Ob Drehmoment, Newtonmeter oder PS; stets gilt die absolute Zahl, des Größer–Weiter–Mehr als das eigentlich Wertvolle und nur selten steht der komplexe Zusammenhang einer nützlichen Funktionalität in Relation zur restlichen Welt im Vordergrund – das beziehungsstiftende Warum-und-Wozu
Meist ist in schicken Werbefilmen ein FahreR allein auf weiter Strecke unterwegs, auf Straßen, die nur um 5:00 Uhr früh so leer sein können. 
Gerade Sportwagenhersteller könnten bei der Zielgruppe Frauen punkten, wenn sie den Segen dieser Ingenieursleistung zum Beispiel beim raschen Überholvorgang auf einer solchen Landstraße anschaulich machten. PS und Newtonmeter sorgen nämlich nicht allein für den Geschwindigkeitsrausch, sondern auch für erfahrbare Sicherheit in heiklen Situationen. Gleichzeitig ließen sich auf diese Weise die nachwachsende Mädchengeneration indirekt für Technik interessieren, aufwendige MINT-Programme unproblematisch flankieren und neue Identifikationsmodelle schaffen – jenseits gängiger Klischees. 

Nicht nur Wirtschaft könnte zunehmend weiblich buchstabiert werden, auch die naturwissenschaftlichen und technischen Berufsfelder könnten davon profitieren. Das Denken in Beziehungen – häufig dem Weiblichen zugesprochen - lässt sich nicht nur im Bereich der Erziehung oder Pflege verwirklichen, sondern dank eines erweiterten Horizonts durchaus auch im Ingenieurswesen. Das Geistige weht eben wo es will....

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen