Dienstag, 19. Juni 2012

Das waren die 23. und 24. Kalenderwochen: Mit betreutem "Köpfchen" durch die Glasdecke....


Nun also das Betreuungsgeld. Keiner und Keine will es wirklich -  außer Horst Seehofer. Politische Verhandlungsmasse. Eine Bankrotterklärung:
  •  für die Umgestaltung einer Arbeitskultur, in der Kinder nicht als Betriebsunfall eingestuft werden, sondern zum Leben gehören.
  • für die CDU-Frauen und alle anderen Politikerinnen, die an parlamentarischen Zwängen vorbei, demokratisch eine Berliner Erklärung errungen haben.
  •  für Mütter, die sich ganz der Erziehung der Kinder widmen möchten und 100,- Euro wohl kaum als adäquate Anerkennung ihres Beitrags zu einer funktionierenden Gesellschaft erleben dürften.
  • für die Förderung und Integration von Kindern, denen die Möglichkeiten im heimischen Umfeld so nicht geboten werden können – siehe die Erfahrungen Norwegens.
  • für das politische Versprechen, ausreichend Kitaplätze zu schaffen.
  • für die SteuerzahlerInnen, die den Sinn (immer) noch nicht erkennen.
  • für die Bewertung und öffentliche Wertschätzung von Arbeit, die volkswirtschaftlich (noch)  nicht in der Wertschöpfungskette auftaucht und noch immer für selbstverständlich gehalten wird.
Letzteres zeigt auch der Vorschlag, ehemalige Schlecker-Mitarbeiterinnen und Hartz-IV-EmpfängerInnen zu ErzieherInnen umzuschulen. Für einige, die dringend nach einem neuen Arbeitsplatz Ausschau halten, mag das eine gute Alternative sein; insgesamt hat es aber ein Geschmäckle von "Arbeitsdienst". So ganz nebenbei offenbart sich hier die (eigentliche) Geringschätzung der Leistung, Kinder für unsere komplexe Welt fit zu machen - allen hinterhergeschobenen Beteuerungen zur Qualitätssicherung bei der Ausbildung zum Trotz. "Das bisschen Kindererziehung...." Für die professionelle Betreuung und Erziehung von Kindern, die aus unterschiedlichen familiären Verhältnissen kommen und am Start ihrer Entwicklung sind, braucht es etwas mehr als mal eben eine Umschulung, weil sonst weit und breit kaum jemand für diesen Job zu finden ist. Um der Verantwortung, gleich zehn oder zwanzig Kinder auf einmal zu beaufsichtigen, gerecht zu werden, ist eine klare persönliche Entscheidung gefordert, die sehr wahrscheinlich auch vor der Berufswahl Verkäuferin gefällt worden wäre. 

Warum nicht vermehrt bei SchulabgängerInnen dafür werben? Der Boy's Day ist ein guter Anfang. Mit der gleichen Medienaufmerksamkeit bedacht, wie der Girl's Day, der Mädchen technische und naturwissenschaftliche Berufe näher bringen soll, könnten soziale Berufe auch für junge Männer salonfähig werden. ErziehER werden dringend gebraucht, um für Ausgewogenheit in der Geschlechterverteilung bei der Betreuung zu sorgen, Kindern auch hier männliche Vorbilder und Bezugspersonen zu bieten. Eine Männerquote für das soziale Berufsumfeld? Die würde wahrscheinlich erst bei attraktivem Gehalt und gesellschaftlicher Anerkennung erschöpfend diskutiert. Das Geld dazu dürfte fehlen – weniger, weil es nicht da ist, sondern weil wenig Neigung besteht, es dafür bereit zu stellen.
Banken- und Eurorettung beanspruchen nahezu sämtliche finanzielle Kräfte und zeigen, wo der tatsächliche Schwerpunkt (volks-)wirtschaftlichen Denkens derzeit und wohl auch in naher Zukunft liegt.

Ohne grundlegenden Mentalitätswandel, werden Frauen kaum - ganz selbstverständlich - in Führungspositionen akzeptiert  und Männer - genauso selbstverständlich - in Erziehungs- und Pflegeberufen. Wie der Herr so's Gescherr sagt der Volksmund, oder: solange auf politischer und wirtschaftlicher Entscheidungsebene alles beim Alten bleibt, solange bleibt strukturell auf den unteren Ebenen auch erst mal alles wie es ist. Siehe Betreuungsgeld.  
"Mit dem Köpfchen durch die gläserne Decke" und einer "Graswurzelbewegung" wie die Bundesfamilienministerin propagiert, wird der Hardliner "Entweder-Oder"-Polemik nicht beizukommen sein; denn die angestrebten 30 Prozent Frauenanteil auf den Chefsesseln sind noch nicht annähernd erreicht und schon wird der Untergang des Abendlandes, besungen.
Wie schnell der freie Fall auf Stammtischniveau ist, zeigen folgende Kommentare,  die immerhin von Lesern der F.A.S. stammen. Also bitte nicht erschrecken – zwei erfreuliche Leserbriefe sind auch dabei!

"Diskriminierung
Führungsposten müssen streng nach Leistung und Eignung vergeben werden, nicht nach anderen Attributen. Quotenfrauen mögen in Kulturreferaten erträglich sein. In Industrieunternehmen, in denen Entscheidungen das Schicksal Tausender Arbeitnehmer bestimmen, ist kein Platz für politisch korrekte Spielereien. Wo bleibt da die Chancen- und Leistungsgerechtigkeit? Es wird viele berechtigte, hoffentlich erfolgreiche Klagen vor Gericht geben."
Wolfgang Richter

Hier lasse ich Jörg Schmelcher antworten und empfehle den Blick in den Wirtschaftsteil jedweder Zeitung, angesichts von Finanz-, Banken-, und Eurokrise.... Die Sorge um das "Schicksal Tausender Arbeitnehmer" scheint sich bei den Leistungsträgern  – sagen wir mal von Nokia (Stephen Elop, Präsident und CEO) – in Grenzen zu halten. Allen Berlinern und Brandenburgern sei zudem die Lektüre der Webseite http://preview.berlin-airport.de/de/unternehmen/ueber-uns/aufsichtsrat/index.php angeraten.

"Ätsch!
Tja, Jungs, jetzt seht ihr mal, wie das ist, wenn der blödeste Mann im Unternehmen eher befördert wird als die schlechteste Frau. Eure Netzwerke in den Chefetagen werden aufgeweicht, und der gemeinsame Puffgang zum Karriere-Auskungeln hat endlich ausgedient. Ach ja, und die Beulen an euren Köpfen stammen von der gläsernen Decke, deren Existenz ihr immer bestritten habt. Viel Vergnügen!"
Jörg Schmelcher

"Erfolg ist männlich
Überbordender Feminismus ist der größte Feind der Wirtschaft. Deutschland und Tschechien haben den geringsten Frauenanteil in der Führung von Unternehmen, sind aber die erfolgreichsten Länder in Europa."
Wolfgang Tibanski

Mal zum Vergleich: die beiden Länder, die sich schon länger mit einer Frauenquote "herumschlagen".

BIP/pro Kopf USD
2011
kaufkraftbereinigt
Norwegen
97.329 (weltweit an 3. Stelle; nach Luxemburg und Katar)
53.471 (4)
Schweden
56.956 (Platz 8)
40.394 (14)
Deutschland
43.742 (Platz 20)
37.897 (18)

"Aus dem Weg
Mann, aus der Bahn, da kommt der Quotenwahn! Wie weit sollen wir mit dem Quotenwahn noch gehen? Sollten wir angesichts der mageren Erfinderinnenquote (1,4 Prozent Frauen) nicht auch eine Quote beim Patentamt einführen? Mann stelle sich die Demonstrationen der Quotenanhänger vor dem Deutschen Patentamt vor, mit der Losung: „Alle Räder stehen still, bis die Quotenfrau erfinden will!“
Michael Baleanu

Wo es reelle Chancen gibt, wird auch erfunden:
"Mary Anderson (* 1866 in Greene County, Alabama; † 1953 in Monteagle, Tennessee)[war Bauunternehmerin, Rancherin, Winzerin und Erfinderin der Scheibenwischanlage. Im November 1903 erhielt die Amerikanerin Mary Anderson das Patent auf die erste funktionierende Scheibenwischanlage der Welt." (Wikipedia)

"Quote für alle
Wer A, Frauenquote in Führungsgremien, sagt, muss auch B sagen: Frauenquote auf Baustellen, im öffentlichen Dienst, im Fernverkehr etc."
Bernhard Kraus

Matthias Struwe gibt hier die passende Antwort. Und ja: "Quote für alle!" Männer in die Kindergärten, Grundschulen und Pflegeeinrichtungen – als Erzieher, Lehrer und Pfleger!

Viel zu wenig Frauen
Man(n) könnte wirklich in Tränen ausbrechen. Die deutsche Wirtschaft ein Jammertal gescheiterter, ausgebremster Männer. Die Fakten: Der Frauenanteil in den Vorständen der 160 im Dax, MDax. SDax und TecDax notierten Unternehmen ist seit Januar 2011 von 3,01 auf 3,66 Prozent gestiegen. Ein Erdrutsch, geradezu eine Lawine von Frauen, die da die armen Männer erfasst und davongerissen hat.
Matthias Struwe

Das Beste zum Schluss:

"Geschlechterkrieg
Die Männer werden diese Männerverachtung nicht still hinnehmen. Die Folge dieser Diskriminierung werden zunehmende Frauenfeindlichkeit und Aggressivität der Männer sein. Die Frauen sollten sich also nicht zu früh freuen. Denn Quotenfrauen wird niemand ernst nehmen, und die Stimmung wird sich schon bald gegen diese unqualifizierten Frauen richten. Alles, was dieser Trend anrichten wird, ist ein zunehmend aggressiv geführter Geschlechterkrieg, der noch viel leid hervorrufen wird."
Armin Pillhofer

Übermütter
Frau sein an sich ist keine Qualifikation (außer fürs Kinderkriegen). Wann beginnen die Männer endlich, gegen die Übermütter aufzubegehren?
Dr. Christian Jäger

Alle Leserbriefe stammen aus der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung vom 10. Juni 2012, Nr. 23, S. 38.


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