Freitag, 5. November 2010

Das war die 44. Kalenderwoche: Überleben - Gestaltung – Konkurrenz – Neuanfang

Unglaublich, das Wunder der Woche: die zum Tod durch Steinigung verurteilte Iranerin Sakineh Ashtiani ist noch am Leben - dank weltweiter und Web 2.0 gestützter Intervention! Gelang es, zunächst die in der Scharia verankerte Strafe auf Ehebruch in die mildere Variante des Hängens zu wandeln, wurde die für den Mittwoch geplante Vollstreckung ein weiteres Mal ausgesetzt. Dennoch, die realen Haftbedingungen und vorangegangenen Verhöre möchte sich wohl niemand ernsthaft vorstellen.
Gerade vor diesem Hintergrund erscheint aus westlicher und allgemein medial eingeschränkter Sicht, die Abschlusserklärung des 3.! Kongresses der Organisation der Arabischen Frau in Tunis umso begrüßenswerter. Die Gleichberechtigung von Mann und Frau wird hier nicht allein als längst fälliger Entwicklungsschritt gefordert, sondern als elementarer Bestandteil zum erfolgreichen Bestehen ganzer Gesellschaften. Die Mitwirkung bei Umweltpolitik und nachhaltiger Entwicklung, die Gleichberechtigung zur Eindämmung von Extremismus sowie die Beteiligung an Entscheidungsgremien, um auf "Friedensstiftung und Konfliktschlichtung" Einfluss nehmen zu können, sind als Forderungen klar formuliert.
 Aber der Weg ist weit. Gerade mal 107 Jahre sind vergangen, seit Frauen in England vehement für ihre Rechte fochten, 33 Jahre seit eine verheiratete Frau in Deutschland ohne Einverständnis ihres Gatten erwerbstätig sein darf und schon fühlen sich Männer deutlich benachteiligt. Männerforscher Walter Hollstein sorgt sich im Interview mit WeltOnline, wie denn nun Männer und Jungs angesichts der weiblichen Konkurrenz besser gefördert werden können. Willkommen im Wettbewerb! Den Grund für schlechtere Gesundheit, um 5 Jahre frühere Sterblichkeit, höhere Selbstmordraten, Schulabbrecherquoten und Straffälligkeit sieht der Forscher in der bevorzugten Förderung von Mädchen und Frauen! Ohne Bevorzugung jedoch keine Förderung. Die über Jahrtausende verteidigten männlichen Vorrechte scheinen inzwischen genetisch manifestiert. Mann begreift sich als Opfer, statt die Herausforderung anzunehmen und wendet offenbar sehr viel Energie darauf, um an Bestehendem festzuhalten oder verlorenes Terrain wieder zurück zu gewinnen. Frau verfolge nur die letzte Sendung von Hart aber fair „Quoten, Krippen oder Ellbogen – was brauchen Frauen zum Erfolg?" Ach und überhaupt: werden Jungs bei der Bildung benachteiligt und Männer sind - laut Aussage des GeschlechterforschERs - viel eher von Arbeitslosigkeit bedroht. Frau kann sich nur die Augen reiben, denn wer hindert junge SchulabgängER daran, z.B. GrundschullehrER zu werden oder eine Ausbildung zum KindergärtnER zu durchlaufen und so die Gesellschaft mit zu gestalten? Frauen, die mehr als ihre Partner verdienen, kratzen am männlichen Image des Ernährers, gibt der Forscher zu bedenken. Wie viele das sein dürften, bleibt offen; denn innerhalb der EU beträgt das allgemeine Lohngefälle zwischen Männern und Frauen 18%; in Deutschland sind es 23,2%. Auch Führungspositionen machen vor einer Abstufung nicht Halt. Unter den ersten 15 Plätzen in Sachen Gleichberechtigung nimmt Deutschland den 13. Rang ein – 2009 war es noch der 12.. Nun sollen es Erziehung und Bildung richten und damit – zur Zeit wenigstens – wieder die Frauen. Von 100 Alleinerziehenden sind 87 Frauen.
Ganz ohne öffentliche Förderung, aber mit viel Ausdauer und Hartnäckigkeit haben es Fußballerinnen geschafft, dass am 30. Oktober 1970 vom DFB das 1955 verhängte Frauenfußballverbot aufgehoben wurde. Offenbar ein großer Schreck für die Herren in den Fußballverbänden, denn flugs wurde ein Länderspielverbot verhängt, so dass die Teilnahme an der inoffiziellen Weltmeisterschaft in Mexiko – trotz Einladung – dem deutschen Team verwehrt blieb. Man stelle sich das für den Männerfußball vor. Es gäbe ihn wahrscheinlich nicht mehr - nach einem solchen Rückschlag. Aber jetzt ist ja alles gut - im nächsten Jahr findet die Weltmeisterschaft des Frauenfußballs auf deutschem Boden statt.
Auf Berliner Boden wurde nach 75 Jahren zum zweiten Mal wieder eine Frau zur Rabbinerin ordiniert. Ihre Vorgängerin, die in Auschwitz ermordete Regina Jonas, kam nach ihrem Studium in Berlin 1935 zu diesen Ehren. Die junge Ukrainerin Alina Treiger beschreitet auch heute noch einen ungewöhnlichen Weg. "Unglaublich, dass ich die zweite bin" kommentiert sie das Ereignis, das nur in liberalen Gemeinden möglich ist.
http://www.tagesspiegel.de/meinung/es-ist-wirklich-unglaublich-dass-ich-die-zweite-bin/1973800.html

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen