Dienstag, 12. Oktober 2010

Frauen-Power: Deutschlands neue Chefinnen - #WirtschaftsWoche

Also doch! Es geht auch ganz ohne Quote, aber mit dem klarem Entschluss entsprechende Strukturen zu schaffen,  wie die Unternehmen Philips, Telekom, Siemens oder Deutz zeigen. Mal sehen, wann andere Unternehmen nachziehen, z.B.  Banken......


Frauen-Power Deutschlands neue Chefinnen

Cornelia Schmergal (Berlin) 08.10.2010  
    Managerinnen entern Vorstände, sollen krisengeschüttelte Unternehmen retten und werden von Headhuntern umworben wie nie. So ändern die Damen die Führungswelt von morgen. Ein Blick in Deutschlands neue Chefinnen-Etagen von WirtschaftsWoche-Reporterin Cornelia Schmergal.
    Anja Krusel
    Bild vergrößern Anja Krusel (Philips Deutschland) Im Januar ist es so weit. Dann geht Anja Krusel als Finanzchefin zu Microsoft Deutschland. Bislang ist die 43-Jährige CFO in der Deutschland-Zentrale von Philips. Mit „Erbsenzählen“ habe der Job heute nichts mehr zu tun, sagt sie. „Da geht es darum, zu gestalten.“ Vier Jahre lang war Krusel zuvor für Philips in den USA tätig. Dort leitete sie unter anderem die Finanzplanung für Nordamerika. Timmo Schreiber für WirtschaftsWoche
    Beim Frühstück wurde ihr klar, dass sie vielleicht doch eine Exotin sein könnte. An diesem Morgen hatte die „Bild“-Zeitung Anja Krusel zum „Gewinner des Tages“ gekürt. „Von wegen Frau und Computer! Anja Krusel wechselt als Finanzchefin zu Microsoft Deutschland“, lautete die Schlagzeile. Ein Geschäftspartner hatte den 20-Zeiler eingescannt und per E-Mail geschickt. „Glückwunsch, Du hast es auf die Titelseite der Bild-Zeitung geschafft“, hatte er gefrotzelt. „Ohne etwas auszuziehen.“
    Genau weiß Anja Krusel nicht mehr, wie lang sie an jenem Tag lachen musste. Aber sie weiß, dass sie es laut und ausgiebig tat. Vielleicht müssen sich manche Herren erst daran gewöhnen, dass eine Frau einen Job macht, der so besonders ist, dass es eine Boulevard-Nachricht trägt.
    „CFO, kaufmännischer Geschäftsführer“, so steht es auf ihrer Visitenkarte. Die 43-Jährige ist oberste deutsche Controllerin beim Elektronikkonzern Philips. Und nie hat sie geglaubt, irgendjemand könnte es ungewöhnlich finden, dass eine Frau die Bilanzen aufstellt. Bis zu jenem Morgen beim Frühstückskaffee.
    „In Führungspositionen war ich bisher immer die einzige Frau“, sagt Anja Krusel. Doch das wird sich bald ändern. Wenn die Managerin im Januar ihr neues Büro in der deutschen Geschäftsführung von Microsoft bezieht, werden die Damen in der Überzahl sein. 7 von 13 Chefsesseln sind dann von einer Frau besetzt.

    Positive Schlagzeilen bei der Telekom

    Dabei ist der Softwarekonzern ein fast schon visionärer Vorreiter. Über Jahre glichen die Chefetagen in Deutschlands Konzernen geschlossenen Herrenclubs. Frauen waren hier nur zum Diktat gern gesehen. Oder vielleicht noch, um den Kaffee zu servieren. Doch das hat sich in den vergangenen Monaten rasant verändert.
    In den Vorständen deutscher Dax-Konzerne, in denen Frauen bislang selten waren wie Wasserstellen in der Wüste Gobi, sitzen seit diesem Jahr immerhin vier Managerinnen. Im Aufsichtsrat des Dax-Riesen Henkel müssen sich die Herren daran gewöhnen, dass ihnen eine Frau das Wort erteilt, ja, vielleicht sogar abschneidet. Und selbst die Telekom sicherte sich ausnahmsweise mal positive Schlagzeilen, als sie vor einem halben Jahr ankündigte, von 2015 an jeden dritten Chefsessel mit einer Frau zu besetzen.
    Seither hat das Unternehmen vier Managerinnen in die Ebene unterhalb des Vorstandes befördert und sechs Kontrolleurinnen in die Aufsichtsräte ihrer Tochterfirmen geschickt. Damit liegt die Frauenquote zwar erst bei zehn Prozent, anvisiert sind eigentlich 30. Aber immerhin ist ein Anfang gemacht. Und weil andere Unternehmen das Medienecho neidvoll bewundern, können sich Headhunter kaum retten vor Anfragen nach Managerinnen. „Bei acht von zehn Suchaufträgen bitten die Auftraggeber darum, verstärkt nach einem weiblichen Kandidaten zu fahnden“, sagt Berit Bretthauer, Partnerin bei der Personalberatung Heidrick & Struggles.

    Frau Chefin kommt an

    Die Wirtschaft wird weiblicher, auf allen Ebenen der Hierarchie. Zukunftsforscher Matthias Horx hat längst den „Megatrend Frauen“ ausgerufen. Auch die Statistik zeigt: Von 2001 bis 2008 ist der Anteil weiblicher Führungskräfte von 22 auf 27 Prozent gestiegen (siehe Grafik).
    Dabei entern die Frauen inzwischen nicht nur traditionell feminin besetzte Ressorts wie Personal, Kommunikation oder Marketing. Sie steuern Finanzressorts (wie Anja Krusel oder Margarete Haase beim Kölner Motorenhersteller Deutz) oder setzen Zulieferer als Chef-Einkäuferinnen unter Druck (wie Barbara Kux bei Siemens). Damit durchstoßen sie die vielbeschworene gläserne Decke.
    Frau Chefin kommt in Deutschland an. Das wurde auch Zeit.
    Für amerikanische Aktionäre ist es seit Jahren normal, dass Top-Konzerne wie Pepsi, Kraft Foods oder Xerox von Frauen geführt werden. Ins Wanken geriet das männliche Selbstbewusstsein erst, als die US-Marktforschungsfirma Reach Advisors im September meldete, dass Managerinnen unter 30 ihre männlichen Altersgenossen beim Gehalt überholen.

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